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N. Nowack, F. Höfflin, G. Haberland Bericht über
die Tätigkeit der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie
(DGSP), Landesverband Sachsen-Anhalt Einleitung Die DGSP ist ein bundesweit tätiger sozialpsychiatrischer Fachverband, in dem nicht nur psychiatrisch Tätige und Hilfeeinrichtungen für psychisch kranke oder behinderte Menschen Mitglieder sind und werden können, sondern insbesondere auch Betroffene und deren Angehörige. Neben der DGSP-Bundesgeschäftsstelle in Köln hat die DGSP in jedem deutschen Bundesland einen Landesverband, ferner diverse, auch überregional arbeitende, Fachausschüsse und Arbeitskreise. Die DGSP Sachsen-Anhalt freut sich über alle, die Mitglieder werden bzw. die Arbeit der DGSP in Sachsen-Anhalt unterstützen möchten. Mit derzeit 55 Mitgliedern ist der Landesverband Sachsen-Anhalt der zweitstärkste Landeverband in den ostdeutschen Bundesländern. Wer bei der DGSP in Sachsen-Anhalt, die hier über ihre Aktivitäten berichtet, mitarbeiten oder mit ihr in Kontakt treten möchte, nachfolgend die Anschrift: DGSP, Landesverband Sachsen-Anhalt, Der geschäftsführende Vorstand, z. Hd. Frau U. Meier, Draeseckeplatz 1, 39106 Magdeburg. Psychiatriefeste und internationale Begegnungen Die DGSP Sachsen-Anhalt veranstaltete in den letzten fünf Jahren ein jährliches landesweites Psychiatriefest für psychisch kranke Menschen, Menschen mit seelischen und/oder geistigen Behinderungen und Suchtkranke, für deren Angehörige und andere Interessierte. Diese eintägigen Feste fanden große Resonanz und haben mittlerweile Tradition für Mitglieder und FreundInnen der DGSP Sachsen-Anhalts. Im September 2002 wird an diese Tradition angeknüpft werden, jedoch wollen wir das Fest, das in diesem Jahr ein Europa-Fest werden soll, als Höhepunkt einer Woche der Begegnungen von deutschen und polnischen Behinderten und Nichtbehinderten Menschen, Selbsthilfegruppen, Angehörigen und Freiwilligen organisieren und gestalten. An den fünf Tagen sollen Workshops für Musik, Pantomime, Modern Art, Sport und Zirkus angeboten werden, die zum gemeinsamen künstlerischen Agieren, zum Kennenlernen und Kontaktknüpfen, zum Lernen von- und miteinander und zum Erholen dienen. Besonderen Wert legen wir auf die Verbreitung des europäischen Gedankens und die Einbeziehung von NutzerInnen psychiatrischer Hilfsangebote. Als Partner sind der DPWV Sachsen-Anhalt und die Hochschule (FH) Magdeburg-Stendal mit im Boot. Bis zum September bleibt uns noch ein bisschen Zeit, gemeinsam mit NutzerInnen die Aktion vorzubereiten, Finanzierungsquellen und Sponsoren zu finden und uns auf die Tage im September zu freuen. Diese "Woche der Begegnung" wird in der schönen Altmark stattfinden, in Arendsee (und damit auch am Arendsee), und zwar vom 16. - 21. September 2002.
In Sachsen-Anhalt erhalten leider seit vielen Jahren seelisch behinderte Menschen, die einer vollstationären Förderung bedürfen, nur etwa ¼ bis 1/3 der personellen Betreuung, die Menschen mit geistiger Behinderung erhalten. Während für geistig behinderte Menschen ein Personalschlüssel von 1 : 1,5 oder 1 : 2 gilt, beträgt dieser bei seelisch behinderten Menschen nur 1 : 6, was einer fachgerechten Betreuung und Förderung seelisch Behinderter entgegensteht. Als weiteres Problem kommt hinzu, dass leistungsrechtlich eine Einteilung Behinderter nach dem "Leitsyndrom" (geistig, körperlich oder seelisch wesentlich behindert) vorgenommen wird, ohne den tatsächlichen individuellen Betreuungsbedarf zu berücksichtigen. Da bei seelisch Behinderten der Personalschlüssel und damit auch der Pflegesatz geringer ist, werden gerade besonders schwer, mehrfach behinderte Menschen vom Kostenträger häufig als "seelisch behindert" eingestuft - offenbar weil dies kostengünstiger ist. Wer also (geistig, körperlich und seelisch) mehrfach behindert ist, hat aufgrund seiner seelischen Behinderung geringere Leistungen zu befürchten. Erst wenn die seelische Behinderung (z. B. Psychose mit Selbst- und Fremdgefährdung) wieder abklingt und das Leitsyndrom dann in "geistige Behinderung" abgeändert würde, erhält der mehrfach behinderte Mensch eine 3- bis 4-mal so intensive personelle Betreuung, die er aber vorher benötigt hätte. Von einem der Autoren wurde seit geraumer Zeit auf diesen Missstand hingewiesen, was vom "Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung Sachsen-Anhalts" bereits in dessen Bericht 1996/1997 (vgl. dort z.B. S. 60) aufgegriffen wurde. - Dennoch erfolgte keine Korrektur dieser fachlich nicht zu rechtfertigenden Behördenpraxis und keine Gleichstellung seelisch Behinderter. Die Vorgaben des Grundgesetzes (keiner darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden) und der Psychiatrie-Enquête werden also nicht erfüllt. Im Zusammenhang mit dem neuen § 93 d BSHG wurde vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe Sachsen-Anhalt ein Punktefragebogen zur Ermittlung des Hilfebedarfs Behinderter entworfen. Doch dieser Erfassungsbogen erfasst die typischen Probleme seelisch Behinderter nicht - dies ist auch die Auffassung der IfA, eines wissenschaftlichen Vereins der Universität Halle-Wittenberg, der diese Erhebung unter allen behinderten Menschen Sachsen-Anhalts, die Eingliederungshilfe erhalten, leiten und auswerten wird, wie sich im Mai 2002 bei einer Informationsveranstaltung zeigte. Es gibt in dem Fragebogen eigentlich nur eine Frage, um den Hilfebedarf bei der "Bewältigung psychischer Symptomatik" zu beurteilen. Der psychischen Symptomatik wird in Punkten die gleiche Bedeutung beigemessen wie z. B. "Wäschewaschen". Selbst- oder Fremd-Gefährdung sind dagegen in diesem Beurteilungsbogen überhaupt nicht enthalten. Im Stillen fragten wir uns sarkastisch, ob der Beurteilungsbogen psychiatrischen PraktikerInnen für die Zukunft empfiehlt: "Wäsche waschen statt Suizidprophylaxe"? Aufgrund dieses Beurteilungsbogens ist zu befürchten, dass auch bei zukünftiger Umsetzung des § 93 d BSHG (Gruppen mit vergleichbarem Hilfebedarf) die seelisch behinderten Menschen in Sachsen-Anhalt keine adäquate Betreuungsintensität erhalten und dass eine Gleichstellung seelisch Behinderter nicht erfolgt. Diese Sorge haben wir, von der DGSP Sachsen-Anhalt aus, mit entsprechenden Sachargumenten dem zuständigen Ministerium wiederholt geschrieben und diesen sowie der damit befassten Kommission die Mitarbeit von uns oder von unabhängigen psychiatrischen Experten angeboten. Leider wurden unsere Vorschläge aber nicht aufgegriffen. Wir arbeiten jedoch weiter daran, dass der Hilfebedarf seelisch Behinderter möglichst individuell und sachgerecht ermittelt wird und dass seelisch Behinderte künftig die personellen Hilfen erhalten, die sie benötigen. Um die besonderen Hilfebedarfe seelisch Behinderter deutlich zu machen (im Rahmen der sachsen-anhaltinischen Gesamterhebung unter Eingliederungshilfe-EmpfängerInnen), empfiehlt es sich am Ende des Einstufungs-Fragebogens, wo Raum für Ergänzungen vorgesehen ist, auf bestehende Suizidalität und/oder Fremdgefährdung, Motivationsprobleme etc. in offener Form ausdrücklich hinzuweisen.
Der Vorstand der DGSP
rief und viele Mitglieder fühlten sich angesprochen, gemeinsam über
die Zukunft der Gemeindepsychiatrie in Sachsen-Anhalt nachzudenken. Wir
hatten uns das Thema gestellt: Psychose-Seminar Im Frühjahr 2001
wurde das erste Psychose-Seminar (Blockveranstaltung mit vier Terminen)
in Magdeburg durchgeführt.
Jährlich veranstaltet
der Landesverband der DGSP Sachsen-Anhalt e.V. mehrere Informationsveranstaltungen
an unterschiedlichsten Standorten der Region. Hier werden sozialpsychiatrische
Themen unter dem Blickwinkel verschiedener Professionen und Standpunkte
diskutiert. Ziel hierbei ist es auch, Betroffene und Angehörige miteinzubeziehen,
für die die DGSP die Teilnahme kostenlos ermöglicht. Stammtisch der DGSP Sachsen-Anhalt Unser Stammtisch findet
sich regelmäßig (jeden ersten Donnerstag im ungeraden Monat,
jeweils 19.00 Uhr), jedoch meist in gleicher Zusammensetzung ein. Deshalb
hier nochmal der Hinweis, dass nicht nur Mitglieder der DGSP, sondern
auch "Mitgliedschafts-Interessierte" oder "einfach nur
Neugierige" herzlich willkommen sind! Da unser alter DGSP-Treffpunkt
nicht mehr existiert, möchten wir uns zukünftig im "Amsterdam",
Olvenstedterstraße Ecke Goethestraße, in Magdeburg treffen.
Chr. Tilly: Buchrezension
zu: H.und H. Beitler Psychose und Partnerschaft
Wie akute Erkrankungsphasen und die Zeit nach Krisen im Rahmen einer Partnerschaft gemeinsam bewältigt werden können, stellen die Autoren ein Ehepaar, von dem die Frau psychosebetroffen ist und der Mann sie als Angehöriger begleitet anschaulich, unter Zuhilfenahme praktischer Beispiele dar. An einen historischen Überblick über das Bild des Psychosekranken und Behandlungspraktiken im Wandel der Zeit, schließen sich Informationen über Faktoren für Krankheitsentstehung und Erfahrungen mit der Klinik an. Einweisungsmodalitäten, Zwangsmaßnahmen und Therapieangebote einer psychiatrischen Klinik werden ebenso thematisiert wie trialogische Gespräche und das Soteria-Modell als Alternative zu bestehenden Behandlungsformen. Anhand des Fallbeispiels eines Ehepaares, wird im Folgenden verdeutlicht, wie Entstehung, Verlauf und Behandlung einer Psychose aussehen können, wenn einer der Partner erkrankt und der andere gesund ist. Die Autoren zeigen, dass das Erkennen der psychotischen Krise gerade für die direkt mitbetroffenen Angehörigen bei Ersterkrankung schwierig sein kann und das gegenseitiges Verstehen oft erst wieder möglich wird, wenn die akute Krankheitsphase überwunden ist und die Arbeit an einer gemeinsamen Zukunft stattfinden kann. Ausgehend von diesem Beispiel beleuchten die Verfasser in zwei Hauptteilen des Buches, wie das Leben mit bzw. nach einer Krise aussehen kann und welche Problembereiche von den Betroffenen thematisiert werden sollten. Der Fokus richtet sich im ersten Teil vor allem auf die Fragen wo eine akute Krise behandelt werden sollte, wer außer dem Partner noch von den Auswirkungen der Erkrankung betroffen ist und in die Überlegungen einbezogen werden sollte, wie sich der Anfang einer Psychoseerkrankung häufig äußert und welche Hilfen/professionelle Unterstützung es für den Alltag geben kann. Im weiteren geht es um den gemeinsamen Umgang der Partner mit Frühwarnzeichen und die Autoren geben Hinweise auf den Umgang mit Psychopharmaka. Sie beschreiben, wie eine Krisenbegleitung als Psychosebegleitung aussehen kann und zeigen auf, dass ein ständiges Kommunikationsangebot trotz verschiedener Innenwelten auf mehreren Ebenen (verbal/non-verbal) realisierbar ist, dass sich der gesunde Partner aber auch abgrenzen und beispielsweise Hobbies zur Erhaltung der eigenen Psychohygiene nicht aufgeben sollte. Als besonders sensibler Bereich wird das Thema Sexualität angesprochen. Da die Wahrnehmungsstörung der Betroffenen meist Einfluss auf alle Lebensbereiche hat, empfehlen die Autoren beispielsweise, dass die Initiative zur Sexualität im Fall einer Psychose immer vom erkrankten Partner ausgehen sollte. Als wichtiges Behandlungsangebot werten die Verfasser Psychotherapie bzw. Paar-oder Familientherapie. Diese sollte unter Berücksichtigung der besonderen Vulnerabilität (Verletzlichkeit) des Betroffenen stattfinden und wird von den Autoren als eine gute Möglichkeit beschrieben innerhalb eines Schutzraumes Missverständnisse und gegenseitige Kränkungen aufzuarbeiten, die noch unbearbeitet im Raum stehen. In den Mittelpunkt des zweiten Teils stellen die Autoren die gemeinsame Aufarbeitung der psychotischen Krise und zeigen Möglichkeiten zur Entwicklung eines persönlichen Krisenkonzepts für Betroffene und Angehörige unter Zuhilfenahme von Behandlungsvereinbarungen, Vorsorgebogen und Krisenpass auf. Die Verfasser thematisieren die Frage nach möglichen Zusammenhängen zwischen Krise und Beziehung und richten dabei den Fokus auf besondere Spannungsfelder aus dem Alltag (Geld, Sexualität, Erziehung u.ä.). Abschließend rücken sie das Thema der Vererblichkeit genetischer Dispositon ins Blickfeld und zeigen zuletzt Hilfemöglichkeiten der Arbeitsämter und begleitender Dienste zur Re-Integration Betroffener ins Arbeitsleben auf.
Ein informativer und hilfreicher Ratgeber, in dem wissenschaftliche Inhalte, praxisnahe Beispiele und eigene Erfahrungen, auch für den Laien gut verständlich, verknüpft sind. Christiane Tilly, Bünde Freie Arbeiten von einem Herrn, bei dem eine Schizophrenie bestand, als er diese Arbeiten schuf: |
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