Veröffentlichung
Altmark-Zeitung 2001
Einmalige Studie: Auto statt Achterbahn?
Studenten analysieren
Selbsteinschätzung junger Kraftfahrer aus der Altmark
Salzwedel/Stendal
(scha). Der Studienjahrgang Rehabilitationspsychologie der Fachhochschule
Magdeburg-Stendal in Stendal ist einmalig. Und auch die Studie, die die
Studentinnen Claudis Brands, Stefanie Schubert und Franca Willmann in
Zusammenarbeit mit Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Helga Franke und Dr. Nicolas
S. Nowack aus Salzwedel erstellt haben, ist bundesweit einmalig. Gestern
gab Dr. Nowack in Salzwedel einen ersten Zwischenbericht des Projektes
"Verhütung von tödlichen Unfällen bei Jugendlichen zwischen 18 und 25
Jahren". Kernfrage der Studie, die vorrangig mit jungen Männern und Frauen
an altmärkischen Gymnasien, in Jugendclubs und Kasernen per Fragebogen
erstellt wurden, sind beispielsweise die Selbsteinschätzung am Steuer
oder die Bewertung der Fahrschulausbildung (siehe Grafiken). Insgesamt
wurden 526 Fragebögen ausgewertet, so Dr. Nowack gestern während einer
Pressekonferenz. Zwar schätzen die Befragten die Ausbildung an den Fahrschulen
als überwiegend gut ein (86 Prozent bestanden die theoretische und 74
Prozent die praktische Prüfung auf Anhieb), aber die Unfallstatistiken
sagen etwas anderes. Auch die Ergebnisse des Zwischenberichtes stimmen
nachdenklich. So waren 50,8 Prozent der befragten Jugendlichen, die an
der Aktion anonym teilgenommen haben, bereits in einen Unfall verwickelt,
zu dem die Polizei gerufen werden mußte. Dabei waren 29,7 Prozent in einen,
17,7 Prozent in zwei, ein Prozent in drei und 3,6 Prozent in drei und
mehr Unfälle verwickelt. 75,3 Prozent der Befragten kreuzten Blechschäden
an. Immerhin 21,3 Prozent gaben an, dass es bei den Unfällen, in die sie
verwickelt waren, zu leichten, bei 2,1 Prozent zu schweren Verletzungen
kam und bei 1,2 Prozent kam sogar ein Mensch ums Leben. Natürlich hätten
nicht alle Teilnehmer der Studie alle Fragen beantwortet, so Dr. Nowack
gestern. Gerade wenn es um Fahren unter Einfluß von Alkohol, Medikamenten
oder Drogen ging, blieben viele Felder leer. Diejenigen, die diese Fragen
beantwortet haben, geben aber Anlass zum Nachdenken. 52,9 Prozent fuhren
bereits unter Einfluß von Medikamenten, 41,2 Prozent unter Alkohol und
5,6 Prozent nach der Einnahmen von Drogen. Interessant auch die Selbsteinschätzung
der eigenen Fahrweise, die über die Psyche der jungen Autofahrer Aufschluß
gibt (siehe Grafik).
Dort gibt es teils gravierende Unterschiede zwischen jungen Autofahrerinnen
und Autofahrern. Besonders groß ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern
bei der Selbsteinschätzung in Sachen "Vorsichtige Fahrweise". In der Rubrik
"Stimmungsabhängig" kommen sich die Geschlechter schon näher. Ein nahezu
gleicher - wenn auch relativ geringer - Anteil der Befragten bekennt sich
zu einer aggressiven Fahrweise. Als häufigste Unfallursache gaben die
Teilnehmer der Studie Zeitdruck an ( 39 Prozent). 20 Prozent aller Unfälle
geschehen aufgrund von Streitigkeiten aber nur 4,8 Prozent aus Leichtsinn,
erläuterte Dr. Nowack gestern. Hingegen bezeichnen über 80 Prozent ihr
Fahrverhalten als gut bis sehr gut. Auf jeden Fall soll die Studie weiter
geführt werden. Sie sei von überregionaler Bedeutung und mit regionalem
Bezug, so Dr. Nicolas S. Nowack. Die Studie habe deutlich gemacht, dass
viele junge Menschen das Auto als Achterbahn sehen.

aus: Volksstimme

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